House Laws of Reuß

Introduction

To be completed.

Verfassung des Fürstentums Reuss älterer Linie

Abschnitt 1. Von dem Fürstentum und seiner Regierung im allgemeinen.


§ 1. Das Fürstentum Reuß älterer Linie bildet einen unter einer Verfassung vereinigten unteilbaren Staat des Norddeutschen Bundes.

§ 2. Kein Bestandteil des Fürstentums und kein Regierungsrecht seines Fürsten kann ohne Zustimmung der Landesvertretung auf irgendeine Weise veräußert werden. Grenzberichtigungen mit benachbarten Staaten sind hierunter nicht begriffen, wenn nicht dabei Staatsangehörige abgetreten werden.

§ 3. Der Fürst ist erblicher Landesherr; seine Person ist unverletzlich. Die Staatserbfolge richtet sich, den Reußischen Haus- und Familienverträgen gemäß, nach den Grundsätzen der Erstgeburt und der agnatischen Linealfolge im Mannsstamme. Er übt die Staatsgewalt auf verfassungsmäßige Weise, die gesetzgebende im Verein mit der Landesvertretung, die vollziehende allein. Er besetzt die Staatsämter und vertritt das Land nach außen.

§ 4. Der Landesherr nimmt seinen wesentlichen Aufenthalt im Lande.

§ 5. Die Regierungshandlungen des Vorfahren sind von dem Regierungsnachfolger anzuerkennen und zu vertreten, sofern sie ohne Überschreitung der verfassungsmäßigen und gesetzlichen Befugnis vorgenommen worden sind.

§ 6. Der Fürst und die Prinzen des Fürstlichen Hauses werden mit dem zurückgelegten 21. Lebensjahre volljährig und regierungsfähig. Der Landesfürst kann nach vollendetem 18. Lebensjahre von der ihm geordneten Vormundschaft, unter Zustimmung des regierenden Fürsten des Hauses Reuß jüngerer Linie für volljährig und regierungsfähig erklärt werden.

In gleichem Alter kann den Prinzen des Hauses vom regierenden Fürsten die Großjährigkeit erteilt werden.

§ 7. Für die Dauer der Minderjährigkeit des Fürsten tritt eine Regentschaft ein. Ist darüber nicht von dem Regierungsvorfahren im Einvernehmen mit der Landesvertretung Verfügung getroffen worden, so gebührt die Regentschaft zunächst der leiblichen Mutter des Landesfürsten und, wenn diese sich nicht mehr am Leben befindet oder anderweit vermählt oder sonst verhindert ist, dem nächsten volljährigen und zur Regierung fähigen Agnaten des Fürstlichen Gesamthauses.

§ 8. Ist der volljährige Landesherr aus irgendeinem Grunde dauernd verhindert, die Regierung anzutreten oder die bereits angetretene fortzuführen, so tritt für die Dauer der Verhinderung ebenfalls eine Regentschaft ein.

Diese gebührt zunächst dem zur unmittelbaren Nachfolge berechtigten volljährigen Prinzen des Fürstlichen Hauses älterer Linie.

Ist ein solcher nicht vorhanden, so kommt die Regentschaft der Gemahlin des an der Regierung verhinderten Landesherrn oder, wenn derselbe unvermählt, dessen Mutter und - wenn diese nicht mehr am Leben oder anderweit vermählt oder sonst behindert ist, dem nächsten volljährigen und regierungsfähigen Agnaten des Fürstlichen Gesamthauses zu.

§ 9. Über die Notwendigkeit einer einzusetzenden Regentschaft hat im Zweifel'  die Landesregierung mit der zu diesem Behufe einzuberufenden Landesvertretung unverzüglich zu entscheiden.

§ 10. Sollte bei einem zunächst nach dem regierenden Fürsten zur Erbfolge berufenen Prinzen eine solche Geistes- oder Körperbeschaffenheit sich finden, welche es demselben für immer unmöglich machen würde, die Regierung des Landes zu führen, so ist über den künftigen Eintritt der Regentschaft zeitig zu verfügen.

§ 11. Die Landesregierung bildet den Regentschaftsrat, welcher in allen wichtigen Angelegenheiten mit seinem  Gutachten zu hören ist.

In Ermangelung einer von dem Fürsten getroffenen Anordnung ist der Erziehungsplan des Regierungsnachfolgers nur nach Rücksprache mit dem Regentschaftsrate festzusetzen.

Die Regierungserlasse der Regentschaft bedürfen zu ihrer Gültigkeit der in § 36 vorgeschriebenen Gegenzeichnung.

§ 12. Die Regierungshandlungen der Regentschaft sind vom Landesherrn bei Übernahme der Regierung nach erlangter Volljährigkeit und bezugsweise nach Erledigung vorhanden gewesener Behinderungen ebenso anzuerkennen, wie die jedes anderen legitimen Regierungsvorgängers.

Revidiertes Staatsgrundgesetz für das Fürstentum Reuß Jüngerer Linie


Wir Heinrich der Zweiundsechzigste von Gottes Gnaden Jüngerer Linie und des ganzen Stammes Ältester regierender Fürst Reuß usw. usw.

Nachdem infolge der seit Publikation des Staatsgrundgesetzes vom 30. November 1849 eingetretenen Veränderungen in den öffentlichen Verhältnissen des deutschen Gesamtvaterlandes sich eine Revision des erwähnten Grundgesetzes nötig gemacht hat, und nachdem dieselbe in Übereinstimmung mit dem am 10. November vorigen Jahres eröffneten ersten ordentlichen Landtage vorgenommen worden ist, so verkünden Wir unter ausdrücklicher Wiederaufhebung des gedachten Verfassungsgesetzes vom 30. November 1849 das, auf Grund der deshalb geflogenen Verhandlungen vereinbarte neue Staatsgrundgesetz hierdurch wie folgt:

Erster Abschnitt. Von dem Staatsgebiete.


§ 1. Das Fürstentum Reuß jüngerer Linie bildet einen unteilbaren selbständigen Teil des deutschen Bundes.

§ 2. Die verfassungsmäßigen Beschlüsse und Gesetze des deutschen Bundes sind für das Fürstentum maßgebend und erlangen durch die vom Fürsten verfügte Publikation verbindliche Kraft.

§ 3. Die für die Verwaltung des Staates nötig werdende Organisation erfolgt durch das Gesetz.

§ 4. Die Grenzen des Staates können nur in Kraft eines Gesetzes verändert werden.

 Grenzberichtigungen mit einem Nachbarstaate, durch welche nur einzelne Stücke zur Herstellung einer geordneten Abgrenzung ausgetauscht oder abgelassen werden, nicht aber ein Staatsangehöriger abgetreten wird, können ohne Zustimmung der Landesvertretung geschehen.

Zweiter Abschnitt. Von dem Landesherrn.


§ 5. Der Landesherr vereinigt in sich alle Rechte der Staatsgewalt und übt solche nach der Verfassung.

Seine Person ist heilig und unverletzlich.

§ 6. Inwiefern der Landesherr bei Ausübung der Regierungsrechte an die Mitwirkung der Landesvertretung gebunden ist, wird durch das Verfassungsgesetz bestimmt.

§ 7. Der Landesherr kann Strafen erlassen und mildern, auch die gerichtliche Untersuchung niederschlagen.

§ 8. Die Regierung des Landes mit dessen sämtlichen gegenwärtigen und künftigen Bestandteilen ist gleich dem der Primogenitur gehörigen Fürstlichen' Stammeseigentum den Hausgesetzen gemäß erblich im Mannesstamme des Fürstlichen Hauses nach dem Rechte der Erstgeburt und der agnatischen Linealfolge.

§ 9. Während der Minderjährigkeit des Landesherrn, oder seiner Behinderung an der Regierung wird diese durch dessen Fürstliche Mutter, als Vormünderin, oder den sonst nach den Hausgesetzen zur Vormundschaft berufenen Agnaten in Gemäßheit der in den Familienverträgen enthaltenen Bestimmungen geführt.

§ 10. Wegen des Eintritts der Volljährigkeit, der Ebenbürtigkeit, der Sonderung, des Fürstlichen Hausund Privateigentums, der Verhältnisse der Fürstlichen Witwen, der Nachgeborenen und anderen Angehörigen des Fürstlichen Hauses gelten die ausführlichen Bestimmungen der Hausverträge und Familienherkommen.

§. 11. Die im hausverfassungsmäßigen Wege zustande kommenden Veränderungen in den Hausgesetzen sollen, wenn sie die Ordnung in der Regierungsnachfolge, die Vormundschaft über den hierdurch zur Regierung berufenen Prinzen, die während derselben bestehende Regentschaft und die Volljährigkeit des letzteren betreffen, nur bis auf Zustimmung der Landesvertretung festgesetzt werden.