House laws of Leiningen
Source: Das geltende badische Recht. 1907. pp. 344-356.
a. Landesherrliche Verordnung vom 30. Juli 1840
(Regbl. 177)
§ 8. Die nach den Grundsätzen der früheren
deutschen Verfassung in dem fürstlichen Hanse [Leiningen] noch
bestehenden Familienverträge werden ausrecht erhalten auch bleibt
der fürstlichen Staudesherrschast die Befugnis, über ihre
Güter und Familienverhältnisse verbindliche Verfügungen
zu treffen, die jedoch Uns vorgelegt und von den höchsten
Landesstellen zur allgemeinen Kenntnis und Nachachtung gebracht werden müssen ......
§ 22. Die Obervormundschaft und die Kuratel in Beziehung
ans die fürstliche Standesherrschaft wird, insoweit ein
Einschreiten der Staats-Gewalt gesetzlich erforderlich ist, von dem
Justizministerium besorgt. die über die Bevormundung der
Minderjährigen Ziel und Maß gebenden Hausvertrage und letzte
Willensverordnungen, sowie das Herkommen, welches das Haupt der
standesherrlichen Familie zum Tutor legitimus bestimmt, werden beachtet
werden.
b. Fürstlich Leiningisches Hausgesetz vom 23. Oktober 1897
[durch LHEntschließung vom
2. September 1898
"vorbehaltlich der landesherrlichen
Rechte und der Rechte
Dritter" bestätigt und durch
JustizMinBekanntm. vom 22. September 1898 (Gbl. S. 437, 438) publiziert.]
Wir Ernst Fürst zu Leiningen urkunden hiermit für Uns, Unsere Erben und Nachkommen:
Nachdem durch Vertrag zwischen Unserem Fürstlichen Hause und den
Gräflichen Hänsern Leiningen-Billigheim und
Leiningen-Neudenau die agnatische Verbindung Unseres Fürstlichen
Hauses mit den genannten gräflichen Häusern und die
gegenseitigen Sukzessionsrechte ausgehoben worden sind, haben Wir
beschlossen, an Stelle des Fürstlich Leiningischen Hausgesetzes
vom 29. Juni 1867 ein neues Hausgesetz zu erlassen. Demnach verordnen
Wir hiermit, indem Wir von der Uns verfassungsmäßig
zustehenden Befugnis, über Unsere Güter- und
Familienverhältnisse ver-kindliche Verfügungen zu treffen,
Gebrauch machen, unter Beitritt Unseres Herrn Sohnes, des Erbprinzen
Emich zu Leiningen, und Unseres Herrn Bruders, des Prinzen Eduard zu
Leiningen, zur Regelung der Familien- und
Vermögensverhältnisse Unseres Fürstlichen Hauses
folgendes als
Fürstlich Leiningisches Hausgesetz
§1.
Das Fürstlich Leiningische Haus begreift gegenwärtig die nachgenannten Fürstlichen Personen in sich :
- Fürst Ernst Leopold
Viktor Karl August
Joseph Emich zu Leiningen,
- dessen Gemahlin Marie Amalie Fürstin zu Leiningen, geborene
großherzogliche Prinzessin und Markgräfin von Baden,
- dessen Tochter Alberta Viktoria Sophie Marie Ernestine, Prinzessin zu Leiningen,
- dessen Sohn Emich Eduard Karl, Erbprinz zu Leiningen,
- des Letzteren Gemahlin Feodora Viktoria Alberta,
Erbprinzessin zu Leiningen,
geborene Prinzessin zu
Hohenlohe-Langenburg,
- des Erbprinzen Tochter Viktoria Marie Leopoldine Elise Sophie, Prinzessin zu Leiningen,
- des Erbprinzen Sohn Emich Ernst Hermann Heinrich Maximilian, Prinz zu Leiningen,
- Prinz Eduard Friedrich Maximilian Johann zu Leiningen, Bruder des Fürsten.
Diejenigen Fürstlichen Personen, welche von dem jetzigen
Fürsten durch Geburt aus hausgesetzmäßigen Ehen (§
25) in männlicher Linie abstammen, werden durch ihre Geburt
Mitglieder des Fürstlichen Hauses, die Prinzessinnen jedoch nur
bis zu ihrer Vermählung.
Ebenso gehören zu dem Fürstlichen Hause die
rechtmäßigen Gemahlinnen (§ 25) aller zukünftigen
Fürsten und Prinzen zu Leiningen, die Witwen jedoch nur bis zu
ihrer anderweiten Vermählung.
§ 2.
Der Fürst ist das Haupt des Fürstlichen Hauses.
§ 3.
Die Fürstliche Standesherrschaft, sowie überhaupt das
Fürstliche Hausvermögen ist Stammgut des Fürstlichen
Hauses Leiningen; dasselbe kann nur unter den durch diese Eigenschaft
bedingten und beziehungsweise in dem gegenwärtigen Hausgesetze
noch weiter vorgeschriebenen Beschränkungen besessen und genossen
werden.
S. hierzu die Authentische Interpretation (bekannt
gemacht am 15. Januar 1900, Gbl. S. 333; wegen der Frage ihrer
Giltigkeit vgl. Dorner, Badisches Ausführungsgesetz s. 327—331):
1. Der Satz
"Die Fürstliche
Standesherrschaft, sowie
überhaupt das Fürstliche
Hausvermögen ist Stammgut
des Fürstlichen Hauses Leiningen" bedeutet:
Die das Fürstlich Leiningische Stammgut bildenden
unbeweglichen und beweglichen Vermögensstücke (§ 6 des
Hausgesetzes), im Gegensatze zu dem im § 22 des Hausgesetzes
erwähnten Fürstlichen Privatvermögen, stehen nicht im
Einzeleigentume des jeweiligen Fürsten, sondern im Gesamteigentume
des Fürstlichen Hauses als einer juristischen Person oder
Körperschaft (der "Fürstlichen Staudesherrschaft" im
subjektiven Sinne).
2. Der Satz
,,Dasselbe kann nur unter den durch diese Eigenschaft
bedingten und beziehungsweise in dem gegenwärtigen
Haus-Gesetze noch weiter
vorgeschriebenen Beschränkungen besessen
und genossen werden" bedeutet:
Dem jeweiligen Fürsten zu Leiningen, als dem Haupte des
Hauses, kommt lediglich die Verwaltung und Nutznießung des
unter 1. erwähnten Fürstlichen
Hausvermögens zu.
§ 4.
Zur Sukzession in diesem Stammgut wird Geburt aus einer
Haus-gesetzmäßigen Ehe (§ 25) und Bekenntnis zum
evangelischen Glauben erfordert.
§ 5.
Die Sukzession geschieht im Mannesstamme des fürstlichen Hauses
nach dem Rechte der Erstgeburt und der Linealerbfolge. Unter
gleichnahen Linien wird die jüngere von der älteren
ausgeschlossen.
Nach gänzlichem Erlöschen des Mannsstammes geht die Nachfolge
in das Stammgut in eben der Ordnung, welche für den Mannsstamm
festgesetzt ist, au die weibliche Nachkommenschaft des letzten
Stammgutsbesitzers zurück so daß die zur Zeit des Absterbens
des letzten Besitzers lebenden Töchter desselben oder deren
Abkömmlinge nach dem Erstgeburtsrecht und der
Linealerbfolgeordnung zur Stammfolge gerufen werden.
Sind keime Abkömmlinge des letzten Besitzers vorhanden, so
fällt die Nachfolge in das Stammgut au die weiblichen Nachkommen
des nächsten väterlichen Vorfahren des letzten
Stammgutsinhabers und so weiter aufwärts; unter diesen Nachkommen
soll, ohne daß es auf die Nähe des Grades der Verwandtschaft
oder auf das Geschlecht ankommt, die Erstgeburt und beziehungsweise
deren Linie den Vorzug haben.
Ist aus diese Weise die Sukzession au den weiblichen Stamm gekommen, so
tritt bei den Abkömmlingen, sobald männliche Nachkommenschaft
vorhanden sein wird, der Vorzug des männlichen Geschlechts vor dem
weiblichen wieder ein.
In allen Fällen wo die Nachfolge ans den weiblichen Stamm
übergeht, ist der Gemahl der neuen Stammgutsbesitzerin verbunden,
den Namen und das Wappen des Hauses Leiningen aufzunehmen oder doch
dem seinigen beizufügen.
§6.
Außer dem gesamten Grundbesitz, welcher die Fürstliche
Standes Herrschaft bildet, oder noch bilden wird, mit Einschluß
aller der Staudes-Herrschaft zustehenden Rechte und Gerechtsame,
gehören zum Fürstlichen Stammgute auch lebendige und tote
Inventarien und Aktivkapitalien. Insbesondere gehört auch dazu das
vorhandene Silbergeräte und zwar das ältere im Gewichte von
zweihundert zweiundachtzig Pfund dreißig Lot und das neuere in
den Jahren 1839/40 und 1842/43 aus der Fürstlichen
Stammgutskasse angeschaffte, im Gewichte von
fünfhundertundfünf Pfund zwanzig Lot, ferner eine wohnliche
Einrichtung der Fürstlichen Schlösser, die zu allen Zeiten
mindestens einen Wert von sechzigtausend Mark darstellen soll.
Der Bestand des ganzen Fürstlichen Stammguts ist, soweit dies
nicht bereits geschehen, durch genaue Verzeichnisse und zwar, was den
Grundbesitz betrifft, in der Form eines Grundbuchs festzustellen. Diese
Verzeichnisse beziehungsweise dieses Grundbuch sind durch Abschreiben
jedes veräußerten und Zuschreiben jedes reu hingekommenen
Bestand teils mit voller Genauigkeit fortzuführen.
Die zum Fürstlichen Stammgute gehörigen Aktivkapitalien
sollen, soweit sie nicht zur Verzinsung und Abtragung von Stammschulden
erforderlich sind, bei passenden Gelegenheiten ebenfalls in Grundbesitz
angelegt werden. In Aktien und industriellen Unternehmungen, sowie in
solchen Wertpapieren, welche bedeutenden Kursschwankungen unterliegen,
dürfen Stammgutsgelder nicht ohne die Zustimmung der Agnaten des
Fürstlichen Hauses augelegt werden.
Das Archiv und die sämtlichen Verwaltungsakten sind ebenfalls
Zubehörungen des
Fürstlichen Stammgutes.
§ 7.
Das Fürstliche Stammgut, wie es ist oder noch erwachst, ist unveräußerlich.
Einzelne Bestandteile, Nebenstücke oder Zubehörungen
dürfen von dem jeweiligen Stammgutsinhaber veräußert
werden, sofern das Interesse des Stammguts es rätlich macht; der
Kaufschilling oder das eingetauschte Objekt bilden aber sofort wieder
Bestandteile des Stammguts, und der bare Erlös ist
baldmöglichst wieder in Grundbesitz anzulegen.
Zur Giltigkeit einer jeden Veräußerung ist die Einwilligung
der zwei nächstberechtigten Agnaten erforderlich (vergl. §
17). Ist einer dieser Agnaten minderjährig, so wird er durch
seinen Vormund vertreten.
§ 8.
Veräußerungen, welche ans Grund allgemeiner Landesgesetze
erzwungen werden können, wie Ablösungen grundherrlicher
Rechte, Zwangsenteignungen und dergleichen, bedürfen der
agnatischen Einwilligung nur insoweit, als die
Entschädigungssummen nicht im Wege Rechtens oder einer auf
gesetzlichen Vorschriften beruhenden Berechnung,
sondern durch Vergleich festgestellt sind.
Auch Veräußerungen von Fahrnissen, welche zum
Fürstlichen Stammgut gehören, bedürfen der agnatischen
Einwilligung nicht.
§ 9
Sollte ein Bestandteil des Fürstlichen Stammguts unter Verletzung
einer der in den §§ 7 und 8 enthaltenen Bestimmungen
veräußert werden, so ist vom Augenblick der
Veräußerung an jeder Agnat des Fürstlichen Hauses
berechtigt, den hausgesetzwidrig veräußerten
Gegenstand für das Fürstliche Stammgut auf
gerichtlichem Wege zurückzufordern.
§ 10
Belastungen des Fürstlichen Stammguts mit wiederkehrenden
Leistungen oder mit
Schulden bedürfen ebenfalls
der agnatischen Einwilligung (§ 7).
Neue Schulden dürfen nur ausnahmsweise ausgenommen werden, z. B.
zur Abwendung einer dem Grundstocke des Stammguts drohenden Gefahr, zur
Abführung einer alle Stammgutsnachfolger verbindenden Forderung,
zur Zahlung einer vom Staate ausdrücklich auf das
Vermögen gelegten außerordentlichen Abgabe, zur
Bestreitung einer außerordentlichen Baulast oder zur
Ausstattung der Fürstlichen Söhne und Töchter. In jedem
derartigen Falle ist mit Zugrundelegung eines Tilgungsplanes die
jährliche Tilgungsrente festzusetzen, mittelst welcher neben der
Verzinsung die Hauptschuld aus den Stammgutserträgnissen in
einer bestimmten Reihe von Iahren abzutragen ist.
Alle nicht unter den hausgesetzlichen Formen gewirkten Schulden sind
persönlich und verpflichten zwar den
vertragschließenden Stamm-Gutsbesitzer zur Zahlung aus seinen
Einkünften, nicht aber den Stammgutsnachfolger, wenn derselbe
nicht diese Privatschulden aus einem besonderen Rechtsgrunde zu
vertreten hat.
§ 11.
Sollen für das Fürstliche Stammgut durch Tausch oder Kauf aus
Stammgutsmitteln neue Grunderwerbungen gemacht werden, so ist hierzu
ebenfalls die Einwilligung
der Agnaten erforderlich (§ 7).
§12.
Der jeweilige Inhaber des Stammguts ist berechtigt, dasselbe nach
seinem Ermessen zu verwalten und zu nutznießen, gleichzeitig aber
auch verpflichtet, dessen Grundstock zu erhalten und jede Verminderung
desselben zu vermeiden. Es sind insbesondere die Forste nachhaltig zu
bewirtschaften und die Gebäude mit ihren Inventarien in gutem
Stande zu erhalten.
Alle auf dem Stammgut haftenden Lasten, Steuern und sonstigen Abgaben,
ebenso die Kosten etwaiger Rechtsstreite, desgleichen der gesamte
Verwaltungsanswand sind aus dem Ertrage des Stammguts zu bestreiten.
Der jeweilige Stammgutsinhaber soll sich auch die Verbesserung des
Stammguts, insbesondere des dazu gehörigen Grundbesitzes angelegen
sein lassen. Der Aufwand für dergleichen Verbesserungen fällt
in der Regel den Erträgnissen des Stammguts zur Last; doch
können ausnahmsweise die kosten für Verbesserungen, wenn aus
begründeten Antrag die im § 7 bezeichneten Agnaten ihre
Einwilligung dazu erklären, ganz oder teilweise ans der
Stammgutskasse entnommen werden. Geschieht dies, so ist der aus der
Stammgutskasse entnommene Betrag durch Zahlung einer jährlichen
Rente aus den Revenuen an dieselbe zurückzuerstatten. Die
Größe der jahrlichen Erstattungsrente wird gefunden, wenn
man die zu ersetzende Summe mit der Zahl der dem Ersatze gewidmeten
Jahre teilt.
Alle Verwendungen in das Stammgut erhalten sofort ebenfalls die
Stammgutseigenschaft, gleichviel aus welchen Mitteln sie bestritten
worden sind.
Einen Ersatz für Verbesserungen haben die Privaterben eines
Stammgntsinhabers von dem Stammgutsnachfolger in keinem Falle zu
beanspruchen.
§ 13.
Sollten Tatfachen vorliegen, aus denen zu schließen ist,
daß der Grundstock des Stammgutes oder dessen
Ertragsfähigkeit durch Vernachlässigung, übertriebene
Nutzung oder ans andere Weise Schaden erleidet, so hat ein jeder Agnat
des Fürstlichen Hauses das Recht, gegen die Fortsetzung
nachteiliger Handlungen ans schiedsgerichtlichem Wege vorzugehen
(§ 40).
§ 14.
In den Fallen, in welchen die Einwilligung der Agnaten hausgesetzlich
erforderlich ist, darf dieselbe ohne triftige Grunde nicht verweigert
werden.
Wird die Einwilligung verweigert, und glaubt der Stammgutsinhaber,
daß dies ohne triftigen Grund geschehe, so soll dieser
Streitsall, falls er sich nicht durch gütliche Verhandlungen
beilegen läßt, durch ein Schiedsgericht entschieden, und,
wenn diese Entscheidung zugunsten des Stammgutsinhabers erfolgt, die
Einwilligung als erteilt angesehen werden (§ 40).
Auch in dem Falle, wenn ein um seine Einwilligung angegangener Agnat
aus zwei ihm gehörig zugestellte Aufforderungen, zwischen welchen
mindestens eine einmonatliche Frist liegen muß, binnen eines
weiteren Monats weder sich erklärt, noch die einer endgiltigen
Erklärung im Wege stehenden Hindernisse angezeigt hat, soll die
Einwilligung als erteilt angesehen werden.
§15.
Die Einrichtung der Verwaltung des Fürstlichen Stammguts, sowie
die Wahl und Bestellung des Verwaltungspersonals steht dem
Stammgutsinhaber zu; seine Anordnungen und Verträge über
Besoldungen
und Ruhegehalte der Verwaltungsbeamten und über die
Versorgung ihrer Hinterbliebenen sind für die Stammgutsnachfolger
bindend; er hat jedoch darauf zu sehen, daß die Zahl der
Angestellten auf das Bedürfnis der Verwaltung beschränkt
bleibt, und daß die Größe der Gehalte das richtige
Verhältnis nicht überschreitet.
In bezug auf solche Beamte, die bloß zur Verwaltung des
Primat-Vermögens angestellt sind, liegt eine Verpflichtung der
Stammgutsnachfolger zur Übernahme ihrer Gehalte nicht vor.
§ 16
Jedem Agnaten sind auf Verlangen die in dem Grundbuche (§ 6)
enthaltenen und sonstigen Verzeichnisse über den Bestand des
Fürstlichen Stammguts, die Nachweisungen über die
vorgekommenen Veräußerungen, ingleichen alle sonstigen, das
Stammgut und seine einzelnen Bestandteile betretenden Urkunden,
insbesondere auch die Akten über die Forsteinrichtungen, die Hau-
und Kulturpläne, die Schlagregister etc.
vorzulegen. Er kann die Einsichtnahme auch durch
Bevollmächtigte bewirken.
§ 17.
Sollten weniger als zwei Agnaten vorhanden sein, so ist ein
un-beteiligtes, über 30 Jahre altes Mitglied einer deutschen,
evangelischen, standesherrlichen Familie als Stammgutspfleger
aufzustellen. Derselbe übt alle in diesem Hausgesetze
begründeten Rechte eines Agnaten für die Dauer seiner
Pflegschaft aus.
§ 18.
An die Stelle der durch Statut vom 16. Juni 1873 begründeten
Fürstlich Leiningischen Schuldentilgungskuratel tritt
gemäß dem, einen Bestandteil diesem Hausgesetzes bildenden,
beiliegenden Statut die Fürstlich Leiningische Stammgutskuratel.
§ 19.
Die eigentliche Stammschuld besteht dermalen in dem bis zum 1. April
1899 zurückzuzahlenden Reste des am 1. Februar 1834 bei dem
Bankhause Philipp Nikolaus Schmitt zu Frankfurt a. M. aufgenommenen
Anlehens von 1400000 fl., dann aus dem bis zum Ableben des Grafen Emich
zu Leiningen-Billigheim stehen bleibenden Reste des an die
Gräflichen Häuser Leiningen-Billigheim und Leiningen-Neudenau
zu zahlenden Abfindungskapitales im Betrage von 100000 M., sowie in den
zur Fürstlichen Stammgutskasse eingezahlten Dienstkautionen der
fürstlichen Beamten und Diener
und Pachtkautionen der fürstlichen
Gutspächter.
Die Verzinsung und Tilgung des Restes des Fürstlichen Anlehens von
1400000 fl. erfolgt nach den. vertragsmäßig festgesetzten
Plane aus den Erträgnissen des Stammgutes.
Der Rest des Abfindungskapitales an die beiden Gräflichen
Häuser und die Kautionskapitalien dagegen sind aus der
Fürstlichen Stamm-gutskasse zu bezahlen.
§ 20.
Nach vollständiger Tilgung des fürstlichen Anlehens von
1400000 fl. hat der jeweilige Stammgutsinhaber zur allmählichen
Schadloshaltung des Fürstlichen Stammgutes für die aus der
Stammgutskasse an die Revenuenverwaltung geleisteten Vorschüsse
und für den aus Stammgutsmitteln bewirkten Rückkauf von
Partialobligationen des Fürstlichen Anlehens alljährlich den
Betrag von 20000 M. aus der Revenuenkasse in die Stammgutskasse
einzuzahlen.
§ 21.
Sollte ein Stammgutsinhaber durch sein oder seiner Verwaltung
Verschulden bei seinem Ableben das Fürstliche Stammgut in einem
geringeren Bestand und Wert zurücklassen, als in welchem er
dasselbe überkommen hat, so sind seine Privaterben bis zum Belaufe
der Erbschaft zum Ersatz des Fehlenden verpflichtet.
Für noch nicht fällige Erstattungsrenten (§ 12) haben
die Privaterben nicht zu haften; die Verbindlichkeit zur Entrichtung
derselben ruht auf den Erträgnissen des Stammguts und geht mit dem
Genuß derselben auf alle Stammgutsnachfolger über.
Ebenso geht die Verbindlichkeit zur Verzinsung und Tilgung der mit
agnatischer Einwilligung gewirkten Schulden auf die
Stammguts-nachfolger über, ohne daß wegen Eingehung dieser
Schulden eine Ent-
schädigungsforderung an die Privaterben des betreffenden Stammgutsinhabers geltend gemacht werden kann.
§ 22.
Alles, was der jeweilige Fürst nach Erhaltung des Grundstocks des
Stammguts, insbesondere auch der zu den Schlössern etc. etc.
gehörigen
Inventarien (§ 6) aus dem Ertrag des Stammguts erübrigt, oder
was er anders woher erwirbt, gleichviel ob Grundbesitz oder
Aktivkapitalien oder fahrende Habe, insbesondere auch alles, was
für ihn und seine Gemahlin zum persönlichen Gebrauch dient,
als Schmuck, Kleinodien, Leibgeräte, Weißgeräte, Wehr
und Waffen, Bücher und dergleichen, bildet sein
Privatvermögen, über welches er unter Lebenden und ans den
Todesfall frei verfügen kann.
Soweit er darüber nicht rechtsgiltig verfügt,
wird dasselbe nach den Vorschriften des
bürgerlichen Gesetzbuchs für das
Deutsche Reich vererbt.
§ 23.
Verlassenschaftssachen der Mitglieder des Fürstlichen Hauses kann
der Fürst, solange kein Rechtsstreit darüber entsteht, durch
seine Verwaltung erledige lassen.
Die Ausscheidung des Privatvermögens eines verstorbenen
Stammgutsinhabers von dem Stammgute kann nur mit Zuziehung der
Stammgutskuratel geschehen.
Wenn über die Eigentumseigenschaft eine Einigung zwischen dem
Stammgutsnachfolger und den Privaterben nicht stattfindet, so soll ein
Schiedsgericht endgiltig entscheiden (§ 40). Demselben sind alle
einschlagenden Akten, Urkunden usw. zur Verfügung zu stellen.
§24.
Der jeweilige Fürst hat als Haupt des fürstlichen Hauses die
Befugnis und die Obliegenheit, alle für die Erhaltung der Ehre,
Ordnung
und Wohlfahrt des Fürstlichen Hauses angemessenen maßregeln
zu treffen. In dieser Beziehung sind sämtliche Mitglieder des
Fürstlichen Hauses seiner Aufsicht und seinem Verfügungsrecht
unterworfen.
§25.
Der Fürst bedarf zu seiner Verheiratung nicht der Einwilligung der
Agnaten. Bestehen jedoch bei einem Agnaten Bedenken, ob eine von
dem Fürsten beabsichtigte Ehe der Würde und dem Ansehen des
Fürstlichen Hauses entspricht, so ist die Entscheidung dieser
Frage einem Schiedsgericht zu unterbreiten (§ 40). Fällt der
Spruch desselben in verneinendem Sinne aus,. so gilt die trotzdem
eingegangene Ehe nicht als hausgesetzmaßig (§ 4). Die
Prinzen und Prinzessinnen des Fürstlichen Hauses können sich
nur mit vorgängiger schriftlicher Einwilligung des Fürsten
vermählen. Glaubt ein Familienglied, daß ihm die
Einwilligung zur Vermählung seitens des Fürsten ohne
zureichenden Grund verweigert worden sei, so steht ihm die Berufung
eines Schiedsgerichtes (§ 40) zu, dessen Einwilligung diejenige
des Fürsten ersetzt^
Familienglieder, welche vorstehenden Bestimmungen zuwider eine eheliche
Verbino^ng eingehen, sind für sich, ihre Ehegatten und Nachkommen
von den Rechten und Bezügen ausgeschlossen, welche ihnen dieses
Hausgesetz gewährt.
§ 26.
Keinem Mitgliede des Fürstlichen Hauses ist gestattet, sich einen
Erben und Nachfolger durch Annahme
au Kindesstatt zu schaffen.
§ 27.
Der Fürst bestimmt während seines Lebens die zur Erziehung,
zum Unterhalt, sowie zur Ausstattung und häuslichen Einrichtung
seiner Kinder erforderlichen Summen nach seinem Ermessen, stellt jedoch
die dem Erbprinzen zu gewährende Summe, nachdem dieser
volljährig geworden, nicht unter fünfzehntausend Mark.
§ 28.
Nach dem Ableben des Fürsten erhält ieder nachgeborene Sohn
desselben, sobald er die Volljährigkeit erlangt hat, er sei
vermählt oder unvermählt, von dem Stammgutsnachfolger eine
Apanage von jährlich zehntausend Mark.
Eine Apanage von gleichem Betrage erhält auch jeder nachgewogene
Sohn eines vor seinem Vater verstorbenen Erbprinzen nach dem Ableben
seines Großvaters (des Fürsten) von erreichter
Großjährigkeit an.
Die Bestreitung des Unterhalts der minderjährigen Söhne eines
verstorbenen Fürsten oder Erbprinzen liegt ebenfalls dem
Stammgutsnachfolger ob, welcher die darauf zu verwendenden Beträge
nach seinem Ermessen bestimmt.
§ 29.
Von der den nachgeborenen Prinzen bestimmten Apanage haben dieselben
nächst ihrem eigenen Unterhalte auch den Unterhalt ihres Hauses,
die Unterhaltung, Versorgung und Ausstattung ihrer Söhne, die
Aussteuer ihrer Töchter und den sonstigen Bedarf in ihrer Linie zu
bestreiten, ohne daß der Fürst ihnen dazu ein Mehreres
beizutragen verbunden wäre.
§ 30.
Stirbt ein ursprunglich apanagierter Prinz mit Hinterlassung
sukzessionsfähiger Söhne, so haben die letzteren zusammen die
Hälfte der im § 28 bestimmten Apanage mit jährlich
fünftausend Mark zu erhalten und daraus die im § 29
erwähnten Ausgaben zu bestreiten.
In gleicher Weife und mit gleichen Verbindlichkeiten erlangen die
Söhne eines vor seinem Vater, dem Fürsten, verstorbenen
nachgeborenen Prinzen von dem Ablegen des Fürsten an jährlich
zusammen fünftausend Mark, als die Hälfte derjenigen Apanage,
welche ihr Vater erlaugt und zur Hälfte auf sie vererbt haben
wurde, wenn er den Fürsten, feinen Vater, überlebt
hatte.
Eine weitere Vererbung der Apanage als die in dem gegenwärtigen Artikel bestimmte, findet nicht statt.
§ 31.
Stirbt ein ursprünglich apanagierter Prinz ohne Hinterlassung
sukzessionsfähiger Söhne, so hat der Fürst die etwa
vorhandenen Prinzessinnen der im Mannsstamm ausgestorbenen Linie,
solange dieselben unvermählt sind, ingleichen die etwa vorhandene
Witwe, solange sie sich nicht anderweit vermählt, mit dem
erforderlichen Unterhalt zu versehen; die daraus zu verwendende Summe
braucht aber die Hälfte der dem Verstorbenen zuständig
gewesenen Apanage nicht zu Überschreiten, und es findet diese
Unterhaltungspflicht überhaupt nur insoweit statt, als die
genannten Hinterbliebenen sich nicht ans eigenen Mitteln unterhalten
können.
§ 32.
Jeder nach § 28 zum Bezuge einer Apanage berechtigte Prinz
erhält mit dem Eintritt in diesen Apanagenbezug noch ein für
alle Male die Summe von sechstausend Mark zu seiner Ausstattung und
Einrichtung.
Die unvermählten Töchter des Fürsten genießen bis
zum Tode ihres Vaters freie Wohnung und freien Unterhalt in der Familie
und Hofhaltung des letzteren, und es wird ihnen zu ihren
persönlichen Ausgaben eine vom Ermessen des
Vaters abhängende Summe verabreicht.
Nach dem Ableben des Vaters erhalten sie von dem Fürsten zur
Bestreitung ihrer staudesmäßigen Bedürfnisse eine
jährliche Rente von je zweitausend Mark, sofern sie sich im Hanfe
der Mutter oder des Fürsten aufhalten, und von je fünftausend
Mark von der Zeit an, wo sie ihr eigenes Hauswesen einrichten. Die
Unterhaltungspflicht hört mit dem Tage der Vermählung der
Prinzessinnen auf.
§ 34
Die im § 33 bestimmte Rente von zweitausend Mark beziehungsweise
fünftausend Mark hat auch jede Tochter eines vor seinem Vater, dem
Fürsten, verstorbenen Erbprinzen bis zu ihrer Vermählung zu
erhalten.
§ 35.
Die Töchter des Fürsten erhalten bei ihrer Vermählung
gegen Ausstellung einer Erklärung, daß sie und ihre
Nachkommen außer dem Falle des § 5 an das Fürstliche
Stammgut keinerlei Ansprüche zu machen haben, eine Mitgabe von je
fünfundzwanzigtausend Mark.
Die Witwe des Fürsten und die des Erbprinzen erhält
während ihres Witwenstandes von dem jeweiligen Fürsten ein
Wittum, dessen Betrag durch den Ehevertrag bestimmt wird.
§ 37.
Die Apanagen, Unterhaltsgelder, Mitgaben, Ansstattungs- und
Einrichtungskosten und die Wittume sind ans dem Ertrag des Stamm-gutes
zu bestreiten, und es geht die Verbindlichkeit zur Zahlung derselben
auf die Stammgutsnachfolger über.
§ 38.
Der Betrag sämtlicher Apanagen, Unterhaltsgelder und Wittume darf
den dritten Teil des gesandten Reinertrags des Stammguts nicht
übersteigen ; widrigenfalls ist der Fürst befugt, eine
verhältnismäßige Kürzung jener Leistungen
vorzunehmen.
§ 39.
Der jeweilige Fürst ist hausgesetzlicher Vormund aller
minderjährigen oder aus einem anderen Grunde der Bevormundung
bedürftigen Mitglieder des Fürstlichen Hauses, es wäre
denn, daß dieselben unter väterlicher Gewalt stehen, oder
daß für sie zur Zeit der Sukzession des Fürsten bereits
ein anderer Vormund bestellt ist.
Er ist befugt, die Übernahme einer solchen Vormundschaft ohne
Angabe von Gründen abzulehnen und dem zu bevormundenden Mitgliede
des Fürstlichen Hauses einen andern Vormund zu bestellen.
Ist der Fürst selbst wegen Minderjährigkeit oder ans anderen
Gründen eines Vormundes bedürftig, und ist ihm ein solcher
nicht durch einen früheren Fürsten bestellt worden, oder
tritt ein Widerstreit der Interessen des Fürsten und eines von ihm
bevormundeten oder von ihm abstammenden minderjährigen Agnaten ein
— und ein solcher soll als vorhanden angenommen werden, so oft es sich
um Erteilung oder Verweigerung der agnatischen Einwilligung zu einer
Maßregel des Fürsten handelt —, so richtet sich die
Bestellung der Vormundschaft Ach den Bestimmungen des § 10 der IV.
Beilage zur Verfassungsurkunde des Königreichs Bayern
beziehungsweise des § 22 der Großherzoglich Badischen
Verordnung vom 30. Juli 1810 (Regierungsblatt 1810 Nr. 25 S. 177ff.)
§ 40.
In allen Fällen, wo nach vorstehendem Hausgesetze die Anrufung
eines Schiedsgerichts zulässig ist, wird dasselbe aus drei
unbeteiligten, über 30 Jahre alten Mitgliedern der deutschen,
evangelischen, standesherrlichen Familien gebildet. Von diesen drei
Schiedsrichtern erwählen die beiden Parteien je einen, und diese
beiden wiederum den dritten als Obmann.
§ 41.
Alle früheren hausgesetzlichen Bestimmungen und
Familienverträge, welche mit den Vorschriften des
gegenwärtigen Hausgesetzes nicht im Einklange stehen,
werden hiermit aufgehoben.
§42.
Diejenigen Fälle, über welche das gegenwärtige
Hausgesetz keine Bestimmung trifft, sollen nach dem bürgerlichen
Gezetzbuche für das deutsche Reich beurteilt
werden.
So geschehen Waldleiningen, 23. Oktober 1897.
(gez ) Ernst, Fürst zu Leiningen.
(L. S.)
Wir Emich Erbprinz zu Leiningen für Uns und den unter
Unserer väterlichen Gewalt stehenden
Prinzen Emich Ernst zu
Leiningen und
Wir Eduard Prinz zu
Leiningen erklären hiermit
zu vorstehendem Fürstlich Leiningischen Hansgesetze
vom 23. Oktober 1897 und zu dem als Anhang
desselben erlassenen Statut
der Fürstlich Leiningischen
Stammgutskuratel vom gleichen
Tage Unsere agnatische Zustimmung.
Schloß Waldleiningen, den 5. November 1897.
(gez.) Emich, Erbprinz zu Leiningen.
(L. S.)
Nizza, den 10. November 1897.
(gez.) Prinz Eduard Leiningen.
(L. S.)
Zustimmungserklärung.
Zu dem am 23. Oktober 1897 durch Seine Durchlaucht den Fürsten
Ernst zu Leiningen, Unseren erlauchten Herrn Vater, unterschriftlich
vollzogenen Fürstlich Leiningischen Hausgesetze haben Wir Emich
Erbprinz zu Leiningen für Uns und den unter Unserer
väterlichen Gewalt stehenden Prinzen Emich Ernst zu Leiningen
unter dem 5. November 1897 Unsere agnatische Zustimmung erteilt.
Nachdem inzwischen am 13. Februar 1898 Uns ein weiterer Sohn, der Prinz
Karl zu Leiningen, geboren worden ist, erklären Wir hiermit auch
für denselben kraft der Uns über ihn zustehenden
väterlichen Gewalt in Gemäßheit des noch in Geltung
befindlichen Fürstlich Leiningischen Hausgesetzes vom 29. Juni
1867, Artikel 39. Absatz 1, nachträglich Unsere agnatische
Zustimmung zu dem oben erwähnten, noch zu publizierenden neuen
Fürstlich Leiningischen Hausgesetze.
Amorbach, 27. Februar 1898.
(gez.) Emich Erbprinz zu Leiningen.
(L. S.)